Sonntag, 19. Februar 2012

Naturalistischer Gartenstil

Über den naturalistischen Gartenstil gibt es in Büchern und im Internet sehr wenig Informationen. Deshalb möchte ich hier Einiges zusammentragen, da ich denke, dass die Gestaltungsgrundsätze für unseren Garten  dem naturalistischen Stil sehr ähnlich sind.

Doch blicken wir zunächst weit zurück in die Vergangenheit der Staudenverwendung im Garten. Durch das Buch von Forchert (2004) "Naturalismus und Historismus" über Gustav Meyer (1816-1877) und sein Lehrbuch der schönen Gartenkunst (1860) bekommen wir früheste Hinweise zur Stilrichtung des Naturalismus. Meyer bezeichnet die Gartenkunst Chinas als Vorbild für den von ihm geschaffenen naturalistischen Gartenstil.

Förster (1874-1970) gibt in seinem Buch „Der Steingarten der sieben Jahreszeiten“ (1981) einen kurzen Überblick der Gartenhistorie in seiner unverwechselbaren Schreibweise, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte: „Bis zu Goethes Zeiten liefen, durch Erdräume getrennt, zwei große Ströme der Gartengestaltung ohne Verbindung nebeneinander her. Erst vor anderthalb Jahrhunderten wurden die Wasser des fernen, fremden Stromes nach Europa geleitet. Unser neues Jahrhundert arbeitet nun an einem Netz von Kanälen zwischen den beiden Kunstwelten. Heimatländer des einen Stroms, nämlich der der regelmäßig-architektonischen, also baulichen Gartengestaltung, sind Europa, Indien und der Orient. Urland des anderen Stroms, der naturhaften Gartengestaltung, ist der Osten: China und Japan…. Welch ein Ereignis, als der goldene Oststrom über England zu uns geleitet wurde.“
(Einige Eindrücke von Fernöstlicher Gartenkunst finden Sie unter "Japanische Gärten".)
An anderer Stelle charakterisiert Förster diese beiden Gartenstilrichtungen folgendermaßen: „Die eine Hälfte der Gartengestaltung ist dem Gesetz der Prachtentfaltung ohne Rücksicht auf das Wildnisleben der Pflanze unterworfen und schließt sich an geometrische Umgebungen der Pflanzung an, während auf der anderen Seite die Wildnisgartenkunst das natürliche Vorkommen der Pflanze in der Wildnis an passenden Gartenplätzen nachbildet und sich hierbei aber auch veredelter und fremdbeheimateter Wildnisgartengestalten bedient, die in das geschaffene Naturbild hineinpassen.“

Bereits zu der Zeit als in England das erstrebenswerte Ziel der Gartengestaltung noch in streng gestalteten Anlagen mit akkurat gepflegten Rasenflächen und schnurgeraden Beeten einjähriger, tropischer Blumen bestand, veröffentlichte William Robinson (1838-1935) in seinem  Buch „The Wild Garden“ (1870) zum ersten Mal die Idee, Wildstauden aus allen Erdteilen zu Schmuckstücken des Gartens zu machen. Diese sollten so platziert werden, dass sie ohne Pflege gedeihen.


Als Beispiel nannte er die Frühlingsblüher, ganz besonders den Winterling (Eranthis hyemalis), der sich ohne Zutun des Menschen wunderbar im Garten etablieren kann. Auch andere noch heute für den naturalistischen Garten geltende Hinweise wurden von ihm postuliert: Das abgestorbene Staudenkraut sollte erst im Frühjahr entfernt werden. Der Boden sollte nie ohne Bodendecke sein. Bezüglich des Bodens sollte man keine umfangreichen Veränderungen vornehmen, sondern man sollte die Pflanzen dem Boden anpassen, d. h. auf Lehmboden sollten Pflanzen stehen, die auf Lehm gut wachsen. Im Buch gibt es zahlreiche Listen für die entsprechenden Standorte. Die Besprechung der einzelnen Wildstauden für den Wildgarten liest sich wie ein heutiger Staudenkatalog nur ohne Erwähnung von Züchtungsformen.
Robinson schreibt, dass 75 % aller Wildstauden Gefährten des Grases sind und dass der Wildgarten die wahre Heimat der großen Farne ist. Försters "Einzug der Gräser und Farne in die Gärten" (1957) fand also bereits ein Jahrhundert früher in Robinsons Wildgarten statt.
Dieses bahnbrechende Buch wurde 2009 mit neuen Kapiteln und Fotos von Rick Darke neu aufgelegt. "Der "Wilde Garten" proklamiert den naturalistischen Gartenstil basierend auf Robinsons beträchtlichen Erfahrungen als Gärtner, Botaniker und als unmittelbarer Beobachter der natürlichen Vorkommen der Pflanzen. Das Buch ist noch heute für Gartengestalter relevant, die ästhetisches Design mit biologischer Diversität und Nachhaltigkeit kombinieren möchten." (Darke, 2009). Im Vorwort von Rick Darke wird als Quelle von Robinsons Naturalismus die wachsende Industrialisierung Englands genannt. Robinson wollte etwas von der "Wildnis" in den Garten retten.
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2 Kommentare:

  1. Wunderschöner Garten und interessanter Bericht! Viele Grüße Annette

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  2. mein Garten Aha begann mit dem Buch der schöne wilde Garten von Violet Stevenson
    darin fand ich zum ersten Mal Grten wie sie auch in der Natur sind in ihrem Buch von 1985 sind schon Kiesgärten Kalksteingärten , Kräuterwildgarten...
    sehr praxisnah sind die Gartentipps und ich schaue immer wieder gerne ihre schönen Bilder an
    Deine Buchempfehlung klingt auch sehr interessant
    Frauke

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