Dienstag, 2. Dezember 2014

Gartenmanifest



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 Gartenmanifest. Henk Gerritsen. 2014. 408 S., 166 Farbfotos, 27 Zeichnungen, geb. ISBN 978-3-8001-8387-6. € 49,90

In der Jugend studierten wir das „Kommunistische Manifest“ von Karl Marx und Friedrich Engels, und nun liegt das „Gartenmanifest“ von Henk Gerritsen auf meinem Tisch. Die englische und niederländische Originalausgabe erschien bereits 2008, kurz vor seinem Tod.
Während das Kommunistische Manifest die erste Hälfte meines Lebens beeinflusste, so sind die Gedanken des Gartenmanifestes von Henk Gerritsen bestimmend für die zweite Hälfte. Diese begann allerdings schon vor 25 Jahren, obwohl ich erst heute Henk Gerritsens Werk in den Händen halte. Das zeigt, dass seine naturalistische Gartenphilosophie viele andere Gartengestalter seit längerer Zeit beeinflusst hat, allen voran Piet Oudolf, von dem schon mehrere Bücher in meinem Bücherschrank stehen. Ausgangspunkt ist sicher auch, „The Wild Garden von William Robinson, 1870, der zum ersten Mal die Idee, Wildstauden aus allen Erdteilen zu Schmuckstücken des Gartens zu machen, propagiert hat. Leider ist das Buch noch nicht in Deutsch erschienen.
Die naturalistische Gartenphilosophie wird im Buch als Dutch Wave bezeichnet. Es ist der Stil, der den Garten näher an die Natur heranrückt. Ausgangspunkt für Henk Gerritsen sind Bilder von Pflanzen und Pflanzengesellschaften in der Natur und weniger Bilder von Gärten, wie sie bisher gestaltet wurden.
Henk Gerritsen formuliert vier Gebote: „Die Verwendung von Kunstdünger und chemischen Pflanzenschutzmitteln ist eine Todsünde. Versuche den Boden so wenig wie möglich zu stören. Sei sparsam mit Wasser. „ Das vierte Gebot lautet: „Nicht jammern!“ Was bedeutet das Letztere? Nicht z. B. ständig über den Giersch zu jammern, sondern ihn als schönen und effektiven Bodendecker zu akzeptieren und Pflanzen auszuwählen, die sich nicht vom Giersch vertreiben lassen, wie z. B. Funkien, Farne, Phlox u. v. a.
Können Sie sich vorstellen, die Pflanzen in ihrem Staudengarten weder im Herbst noch im Frühjahr zurückzuschneiden? Sich daran zu erfreuen, wie die neuen Triebe durch das alte Staudenkraut hoch wachsen. Henk Gerritsen kann das. Auch ich habe schon manchmal daran gedacht, denn in der Natur schneidet auch keiner zurück und räumt ab. Sollten Sie solche Gedanken absurd finden, dann ist das Gartenmanifest nichts für Sie.
Die Sichtweise von Henk Gerritsen ist nicht die eines Bauern, wie er immer wieder betont, sondern die eines Naturfreundes.  Es geht ihm nicht um Menge und Ertrag. Was schön ist im Garten orientiert sich an der Natur. So sieht Henk Gerritsen im Ampfer eine höchst dekorative, großblättrige Pflanze, die im Laufe des Sommers rötlich wird und nie zusammenfällt.
Obwohl er viele unscheinbare Pflanzen in seinem Garten geholt hat, betont er, als echter Pflanzenliebhaber, sich nicht nur auf Pflanzen aus Europa zu beschränken. Er findet Gärten mit ausschließlich heimischen Pflanzen immer seltsam und langweilig.
Im Buch beschreibt er seinen eigenen Garten, den „Priona-Garten“ und stellvertretend für die zahlreichen von ihm gestalteten Gärten den Garten „Waltham Place“ in England.

Dem äußerst wertvollen Inhalt des Buches wurde ein mangelhaftes Layout verpasst. Die Zuordnung der Bildunterschriften zum Text und zu den Bildern ist sehr umständlich. Die hellgrüne, kleine Schrift der Bildunterschriften ist oft schwer lesbar. Letzteres trifft auch auf Seite 9 zu. Auch sind für mich fast 200 Seiten Gartenökologie etwas ermüdend gewesen. Text und Bildauswahl könnte gestrafft werden. Auch um die Handlichkeit des Buches zu verbessern.

Ein Original der Gartenliteratur. Ein Manifest für den naturalistischen Gartenstil. Dem Buch ist eine weite Verbreitung zu wünschen, denn wir sind heute in unserer Umwelt und in unseren Gärten sehr weit von der Natur entfernt und sollten zumindest im Garten mehr Natur zulassen.

Weitere Buchempfehlungen finden Sie auf meiner Homepage: http://www.wildstaudenzauber.de/Seiten/Buchempfehlungen.htm

Ampfer (Rumex spec.) in einer Wiese bei Groß Potrems

1 Kommentar:

  1. Seit wir im vergangenen Sommer 'Waltham Place' besuchen konnten, haben uns die Gedanken Henk Gerritsens und ihre Umsetzung dort beschäftigt. Ob er jeden Satz bierernst gemeint hat, wagen wir zu bezweifeln. Seine Aussage, er habe nie einen fremden Garten besucht, gehört doch wohl eher in die Kategorie 'Selbstgesteuerte Legendenbildung'. Heute liegt das Erbe Henk Gerritsens bei 'Head Gardener' Beatrice Krehl in guten Händen. Bedauert haben wir das kategorische Fotografierverbot, das die Besitzerin Strilli Oppenheimer ausgesprochen hat.

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