Donnerstag, 7. September 2017

Naturalistischer Gartenstil in Kanada

Die kanadische Gartenzeitschrift "Gardenmaking" widmete ihr Heft Nr. 30 vom Mai 2017 dem "New Natural Garden". In den Editor's note wird Thomas Rainer zitiert: "Die Front im Kampf für die Natur ist nicht im Amazonas Regenwald oder in der Wildniss Alaskas sondern in unseren Gärten."
Doch unsere Gärten sind nicht die Natur. Wir tun alles um unsere kleine Ecke der Welt immer schöner zu machen. Die Schönheit liegt in den Augen des Betrachters sagt man, d. h. Schönheit wird verschieden interpretiert; jeder hat seinen eigenen Geschmack; jeder empfindet Schönheit anders. Das stimmt so nicht ganz, denn unser Bild vom Garten, von einer Staudenpflanzung z. B., wurde über einen langen Zeitraum von der englischen Staudenrabatte geprägt. In Büchern und Zeitschriften wird diese immer wieder und immer noch als schöner Garten gezeigt. Unsere Sehgewohnheiten sind darauf fixiert und können sich nur sehr langsam ändern, wenn überhaupt.
Alexandra Rigos vermutet in ihrem sehr lesenswertem Buch "Der Naturgarten", "das es sich mit der Ästhetik naturnaher Gärten nicht anders verhält als mit zeitgenössischer Kunst: Man muss sich auf sie einlassen, sich mit ihr auseinandersetzen, um sie schön zu finden. Dabei gilt es, die eigenen Sehgewohnheiten in Frage zu stellen und offen zu sein für den Reiz des Natürlichen."

Übrigens, eine Gartenfreundin erzählte mir, dass sie eine von ihr angelegte naturnahe Blühfläche im öffentlichen Grün abmähen musste, als dieser Tage die Bundeskanzlerin unsere Gegend besuchte!?

Zurück zu Kanada und dem "New Natural Garden". Die Zeitschrift "Gardenmaking" bat drei Autoren und Gartendesigner mit Expertise für  Naturgärten um ihre Meinung. Ich möchte versuchen, einige Gedanken hier sinngemäß wiederzugeben. "Zugegeben, nichts ist neu an unserem Interesse für die natürliche Welt. Worte, wie Nachhaltigkeit, natürlich, ökologisch, Biodiversität u. a. sind dem Gartenfreund bekannt", meint Beckie Fox, die Herausgeberin von "Gardenmaking".
"Neu ist die Anzahl der Beiträge in Büchern, Workshops und Websites, die das Engagement für die Natur zwischen anscheinend chaotischen oder wilden Gärten und ästhetisch ansprechenden Bepflanzungen ausbalancieren. Was bedeutet ästhetisch ansprechend?"
In diesem Post soll die  erste Autorin, Belinda Gallagher von der Universität Guelph  zu Wort kommen. Sie fragt: "Können wir den New Natural Garden begeistert annehmen?", "Was bedeutet es für uns den New Natural Garden anzunehmen? Die Gartenfreunde sind müde, ob des täglichen Kampfs zwischen Mensch und Natur. Sie suchen einen mehr passiven Weg des Gärtnerns, einen mehr nachhaltigen und mit der Umwelt im Einklang befindlichen Weg." Belinda Gallagher gibt zu Bedenken, dass der naturalistische Stil nicht wirklich neu ist, sondern zum Teil in dem Werk von William Robinson mehr als ein Jahrhundert zuvor begründet ist. Über William Robinson schrieb ich bereits 2012 und 2015 in den Posts:
http://wildstauden.blogspot.de/2012/02/naturalistischer-gartenstil.html und http://wildstauden.blogspot.de/2015/05/unsere-wiesen.html.
"In den letzten 25 Jahren war es vor allem der holländische Gartendesigner Piet Oudolf, der mehr Natur in den Garten brachte.
Was sind die Schwierigkeiten, wenn wir diesen Stil in unseren Gärten anwenden? Die erste Schwierigkeit ist das Fehlen einer klaren Definition. Die Begriffe verschwimmen zwischen: einheimisch, naturalistisch, umweltfreundlich, biodivers und informell. Belinda Gallagher hält drei harmonische Interaktionen für wichtig: Plants to place, Plants to people und plants to other plants. Was ist damit gemeint?
Pflanzen und ihr Standort bedeutet weg vom Focus auf die einzelne Pflanze, hin zu einer Pflanzengemeinschaft, die im Garten verwirklicht werden soll, wie z. B. Wald, Feuchtgebiet, Wiese,...Städtische Gärten sind natürlich weniger geeignet.
Pflanzen und die Menschen bedeutet, ungeachtet des Wunsches für eine Wildnis muss der Garten noch als Garten zu erkennen sein. Die Gemeinden sind oft gegen die Naturgartenbewegung. (siehe oben, der Besuch der Bundeskanzlerin). Belinda Gallagher zitiert Virginia Scott Jenkins: "In unserer Gesellschaft werden die Leute in Amerika danach beurteilt, wie gepflegt ihr Rasen ist. Ist der Rasen in Ordnung, ist auch die Familie in Ordnung."
Ähnliches berichteten mir junge Besucher meines Gartens:"Gut und schön ihr naturalistischer Garten, aber in unserer Siedlung könnten wir das nicht machen. Die Nachbarn würden einen Ehekrach vermuten und das die Frau wohl ausgezogen ist?"
Belinda Gallagher meint, die Design-Antwort ist eine Umrandung der wilden Flächen durch gemähte Rasenwege, Bux- oder Lavendelhecken u. a..
Was ist die Rolle des Gärtners im naturalistischen Garten? Es ist nicht so viel zu tun, aber man sollte nicht glauben, das ein Naturgarten keiner Pflege bedarf. Auch dieser Garten muss geplant, gepflanzt und gepflegt werden und zwar besonders in den ersten Jahren.
Pflanzen und andere Pflanzen Die größte Schwierigkeit im New Natural Garden ist die Auswahl der Pflanzen. Dazu ist mehr Wissen notwendig, als auf den Schildern am Topf gegeben wird. Es ist nicht genug zu wissen welche Frosthärte, welche Licht- und Wasserbedürfnisse die Pflanzen haben. Für einen naturalistischen Garten sollte man auch wissen, wie die Wurzeln der Pflanze aussehen, die Veranlagung zum Wuchern, die genetische Vielfalt,..."

Zusammenfassend konstatiert Belinda Gallagher: "Möglicherweise das ist es was der New Garden Stil tun kann. Er kann Kontakte schließen zwischen dem Ordentlichen und dem Wilden, dem Kontrollierten und dem Verspielten, dem Farbprächtigen und den mehr gedeckten Farben."

Ich habe mal den Originaltext links abgebildet, da ich mit der Feststellung der Autorin so nicht viel anfangen kann. Möglicherweise ist meine Übersetzung fehlerhaft?

Nur "Kontakte schließen" wäre mir zu wenig!


7 Kommentare:

  1. Vielleicht meint sie nicht einfach einen Kontakt, sondern einen "fruchtbaren Austausch", dass sich Wild und Gepflegt nicht ausschließen, sondern ergänzen könnten - und dass man einen natürlichen Garten haben kann, ohne die gesamte "Wildnis" zu kultivieren?

    Schöner Beitrag, Jochen, ich finde es immer wieder schön, wie du der deutschen Gartenwelt Ideen aus Übersee näherbringst, wo man sich sehr viel mehr Gedanken um Gärten und die Verantwortung für Umwelt macht als hier (und das, obwohl wir gerne ein anderes Klischee denken).

    Ich wünsche dir einen schönen Herbst und ein paar neblige Morgenstimmungen für Fotos :-)
    Katrin

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  2. Ja, ich denke Du hast recht. Zumal ja auch dem Kapitel "Pflanzen und Menschen" viel Raum gegeben wurde. Allerdings finde ich so einen Kompromiss für den naturalistischen Garten nicht gut. Wildes umgrenzt von Buchs- oder anderen Hecken ist für mich der Horror. Das ganze Bild des Gartens muss doch stimmig sein.
    Ich habe lange nichts von Dir gelesen? Du hast doch hoffentlich das Bloggen nicht aufgegeben? Ich habe oft auch keine Lust mehr, weil es doch viel Arbeit macht und die Kommentare sich arg in Grenzen halten.
    Allerdings hat mir kürzlich ein Besucher gesagt, dass er alle meine Posts gelesen hat und das unsere beiden Blogs die besten im Netz sind.

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  3. Lieber Jochen,
    über Katrins Blog bin ich auf deinen gestoßen.
    Der Meinung deines Gartenbesuchers kann ich mich voll anschließen.
    Seit ca. 2 Jahren freue ich mich über jeden neuen Blogeintrag.
    Heute wird mir als Leserin bewusst, dass meine Reaktion in schriftlicher Form
    Wertschätzung und Motivation bedeuten können.
    Dieser Beitrag hat mir besonders gut gefallen.
    Er gibt mir Bestätigung für den gärtnerischen Weg den ich eingeschlagen habe
    und öffnet gleichzeitig mein Interesse für Gartenliteratur außerhalb Europas.

    Nun möchte ich noch die Gelegenheit für eine Frage nützen.
    Im meiner Wiese möchte ich die Artenvielfalt vergrößern,
    indem ich in der gemähten Wiese einfach Wildblumensamen,
    aus meiner Gegend stammend, aussäe. Ist dafür der Herbst oder das
    Frühjahr der bessere Zeitpunkt?

    Mit den besten Wünschen,
    Manuela aus Kärnten

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    1. Liebe Manuela,

      leider kann ich Deine Frage nicht beantworten, da ich keine Mähwiesen habe.Ich denke mal wichtig ist, dass der Samen auf blanke Erde trifft, um Chancen zu haben.
      Ich habe Staudenwiesen, die Ende Februar gemäht werden. Pflanzen ziehe ich im Gewächshaus vor, und pflanze sie dann aus.
      Danke für die "Blumen".

      Liebe Grüße,
      Jochen

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  4. Hallo Jochen,
    ich lese auch jeden Beitrag von Dir sehr gerne und habe sogar im ersten Winter, nachdem ich Deinen Blog entdeckt habe, das ganze Archiv durchgelesen. Deine ganze Seite ist toll und sehr informativ. Ich hoffe immer noch irgendwann mal in Deiner Gegend zu sein, um Deinen Garten besichtigen zu können.
    Es gibt wahrscheinlich super viele stumme Leser Deiner Blogbeiträge, denen es nicht bewußt ist, daß so ein Blog auch von Kommentaren lebt. Ich kann nur sagen, bitte weiter so, jedenfalls, wenn es die Zeit zulässt. Mir ist auch aufgefallen daß Katrin längere Zeit nicht mehr gebloggt hat, aber so ist das halt manchmal. Es soll ja auch Spaß machen und kein Zwang werden.

    Viele Grüße
    Anja

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  5. Hast du schon ziemlich richtig übersetzt. Genau heisst es: eine Verbindung herstellen. Kommt ungefähr aufs Gleiche raus.

    Mandy

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  6. Danke, Mandy, für den Hinweis. Ist mir aber auch zu wenig.

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